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... im Nürnberger Land.
Chörlein werden die steinernen oder hölzernen Ausbauten mit meist reichlicher Ornamentierung genannt. Sie entstanden als Alternative zum Altarraum der Burgkapellen als Andachtsnischen im Wohnbereich. Da ein Kirchengebot Wohnräume über dem Altarraum untersagte, waren sie sozusagen außerhaus angeheftet. Und eingeschossig, vorzugsweise im ersten Obergeschoss in der Breite einer Fensterachse und in der Höhe eines Stockwerks.
Die Idee dazu setzte sich in spätgotischer Zeit durch. Chörlein sollten wohl auch Macht und Würde des Hausbesitzers dokumentieren, erreicht durch beflissenes Erbeten von Gottgefälligkeiten. Das steinerne Chörlein am Sebalder Pfarrhof bedurfte einer stützenden Verbindung als festes Fundament zwischen Himmel und Erde. Ist es nicht Koketterie mit (falscher) Bescheidenheit, hier von einem ChörLEIN zu sprechen?
Im Süddeutschen Raum muss ein besonderer Wetteifer bestanden haben, ein Haus mit einer auch von außen erkennbaren Gebetsstube zu schmücken, was nicht allein mit den sonst recht schmucklos gehaltenen Fassaden zu begründen ist. Es gehört auch zur guten Gepflogenheit, bei jeder Mode um jeden Preis mitzuhalten. Und in Nürnberg gehört dazu, sie möglichst lange zu pflegen und zur Tradition zu erheben.
In gotischer Zeit waren die Formen stark vertikal gestreckt und endeten in einem spitzen Winkel. Das älteste erhaltene Exemplar aus jener Zeit ist in die Ostwand vom Alten Rathaus integriert. Deutlich kantiger gerieten die Chörlein der Renaissance, zum Beispiel auch am Tucher Schlösschen.
In der Weintraubengasse ist Nürnbergs ältest erhaltene Chörlein aus Holz zu sehen.
Zur Barockzeit wucherten die eigenartigen "Wandkommoden" durch die Häuserreihen der Altstadt. Zu Dürers Zeit betrug die Zahl der Chörlein hier bestimmt das Fünffache. Besonders in der Lammsgasse und der Füll (Bild oben) trifft man sie noch in Fülle an.
Dass die Chörlein im Rokoko ihren künstlerischen Höhepunkt erreichten, wird gern behauptet, doch selten bewiesen. Und das wäre vielleicht sogar destruktiv. Natürlich haben Rokoko-Chörlein wie an der Füll 8 und der Adlerstraße 21 etwas Unikates. Was sie auszeichnet, ist ihre individuelle Intimität, die erst im Wechsel mit Gegensätzlichem wirkt.
Als Bauelement ist das Chörlein so wie eine Haustür nicht nur mit dem Bau verbunden, sondern erst recht mit dem jeweils vorherrschenden Baustil. Bei der ausgeprägten Vorliebe und Anhänglichkeit am Alt-Nürnberger Stil verwundert es nicht, dass gerade in der Gründerzeit mit ihrer Suche nach neuen Synthesen der vorangehenden Baustile und nach neuen moderneren Ausdrucksformen Chörlein in Nürnberg weiter eine große Rolle spielten. Es entstanden sowohl ansprechende moderne Formen als auch merkwürdig hässliche. Die Tradition riss nie völlig ab und man darf auf Nachkommendes gespannt sein.Unwissende sagen für Chörlein gern mal einfach Erker und für einen mehrgeschossigen Erker Doppelchörlein. Um es ganz klar auszudrücken: Wo Chörlein draufsteht ist kein Erker drin!