Kultuhr oder Cooltour?

Dem Glücklichen schlägt - eine Lovestory

Er hatte sich auf coole Tour ber den Nürnberger Hauptmarkt gemacht, schön herumgetrödelt, was ja leicht fällt. Sind die Buden erst mal in Reih und Glied aufgebaut, gerät man zwanglos(?) zwischen die Zeilen. Dann gibt es kein Entrinnen mehr, man muss durch und durch und kann die Zeit echt vergessen.

Es muss wohl eine Art Vorsehung gewesen sein, die grosse Liebe etwa.
Denn gerade als er meinte, die Zeit liefe ihm davon, sah er auf seine bescheidene Uhr und erschrak: Die Zeit stand still! Seine Zeit war sozusagen abgelaufen und er hatte es plötzlich verdammt eilig. Wenn da nur nicht der Händler mit den preiswerten Uhren im Wege gelagert hätte. Für läppige zehn Euro bot er eine ganze Kollektion an Uhren und dazu sogar zwei Ersatzbatterien gratis. Alle Uhren waren mit Uhrenband ausgestattet, die analogen sogar mit mehreren Zeigern, die sich deutlich bewegten. So konnte man sehen, wie die Zeit verging und von der Uhr auch zur Kenntnis genommen wurde.
Was für eine günstige Gelegenheit, fast so etwas wie die Rettung!
Er suchte sich ein edles Stück aus, viel robuster und trendiger und auffläliger als die nun ausgediente Uhr.
Alles was er dachte war: geil! Und das war eben nicht viel.

Seine alte Uhr warf er in einen Abfallkübel. Mit der neuen eng verbunden schlenderte er über den Markt und - er hatte ja noch so viel Zeit! Als sich gegen Mittag der Marktplatz leerte, verschwanden auch bald die Händler. Es dunkelte. Das Zifferblatt der Uhr war nicht mehr zu entziffern, zumal sich unter dem Glas feinstes Kondensat niederschlug.
Es war wie in einem Märchen. Und alles was er sich für den Tag vorgenommen hatte, war nun völlig unwichtig. So konnte er es sich leisten, die Nacht zum Tage zu machen, zigmal die Batterien seiner neue Uhr auszuwechseln, eine Dichtung zu basteln, die kleinen müden Kontakte nachzubiegen und mit Kontaktsprays zu behandeln und seine Zeit mit den jeweiligen medialen Zeiten zu vergleichen.
Als der Morgen graute, sank er müde aufs Bett und wäre vielleicht für immer entschlafen, wenn ihn nicht zur rechten Zeit der harte Schlag des Zeigeruhrwerks wieder auf die Beine gebracht hätte.
Und sie bewegt sich doch! dachte er. Das Herz der Uhr schlug zwar unregelmässig, hatte auch verschiedene Aussetzer, aber es schlug kräftig. Und das blendende Uhrband fiel ihm griffig vom Handgelenk, als wolle es schmeicheln: Steck die schöne neue Uhr lieber in deine Tasche, denn es muss nicht gleich jeder sehen, was du dir geleistet hast.

Der Händler verschwand übers Jahr. Die Uhr ebenfalls. Jedenfalls so gut wie. Inzwischen ist so gut wie unverkäuflich. Wer sie sehen will muss Eintritt bezahlen - eine Kultuhr eben.

einmalige Kultuhr, unverkäuflich, im Besitz von Benno Flux Die kultigste Markenuhr



Die Zeit ist abgelaufen,somit auch das  huldigende Männleinlaufen für den König, taglich an der Frauenkirche in Nürnberg zu beobachtenDie königliche Uhr